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Cordillera Blanca, Tag 2


Nach der vorgestrigen Erfahrung mit schlechten Straßen, der Höhe und Abgründen möchten wir heute eigentlich nur wieder schneller nach unten und auf besseren Straßen kommen. Wir geben unser Wunschziel in Google Maps ein und starten unseren Tag mit zwei Kilometern hinter einer Kuhherde herfahren. Wenn das so weiter geht...

...und so ist es weiter gegangen: nein, es ist sogar noch schlimmer geworden. Wir schaffen einen Schnitt von knappen 9 km/h durch die Bergdörfer in den Anden. Die Straßen sind extrem holprig und es geht wieder bergauf statt bergab. Die Bewohner in den Dörfern schauen uns und unser Expidi sehr misstrauisch an und wir haben das Gefühl, dass diese Menschen schon sehr lange keine "weissen" Menschen gesehen haben. Die Frauen sind sehr zurückhaltend und trauen den freundlichen "Gringos" nicht ganz. Unser Kühlschrank ist leer und wir überlegen, was wir in 4.000 m mit unserem leeren Magen anfangen können. Da macht Lavinia den Vorschlag, wir könnten doch "Arme Ritter" essen (hat sie mal in einer Fernsehsendung gesehen, Rezept unbekannt). Guter Vorschlag, nur wir brauchen dazu Eier. Wir sehen auf der Karte, dass in ca. 1 Stunde ein Dorf kommen wird. Da wollen wir stehen bleiben und fragen, ob uns jemand Eier verkauft.

Als wir im Dorf ankommen ist so gut wie jedes Haus verschlossen. Wir fragen zwei Frauen, die gerade ihre Wäsche aufhängen, wo wir Eier kaufen könnten. Sie überlegen und schicken ihre kleine Tochter weg. Auf einmal kommt eine etwas kleinere und festere Frau angelaufen und zeigt uns den Weg zu ihrem Haus. Sie sperrt die Tür im Erdgeschoss auf und wir gehen in einen kühlen und dunklen Raum. In diesem Raum liegen auf dem Boden in Eierkartons ca. 100 Eier. Wir kaufen 20 Eier und Anian ist ganz stolz auf seine Beute. Für uns war dieses Einkaufserlebnis ein Beispiel für das Leben in den Anden.

Die Menschen dort besitzen fast nichts und der ganze Tagesinhalt dreht sich um die Suche nach Brennholz und Nahrungsmitteln sowie dem Hüten ihrer Tiere. Der Unterschied zu unserer Multitasking-Welt könnte größer wohl nicht sein. Wir kommen ins Grübeln und stellen uns ein Leben hier im Nirgendwo vor, diesem Heidi- oder Herr-der-Ringe-Land, das idyllischer nicht sein könnte.

Wir treffen noch auf den letzten Metern unserer heutigen Holpertour Strassenbauarbeiter, die einfach nicht fassen können, was Ihnen da in den Bergen auf einmal entgegenkommt. Als wir im nächsten Ort ankommen entscheiden wir kurzerhand einfach auf dem Dorfplatz zu bleiben und die Nacht dort zu verbringen. Die Einwohner sind natürlich total begeistert und belagern den ganzen Abend die Parkbänke rund um unser Fahrzeug und beobachten uns ganz genau...na dann...gute Nacht mit Zuschauern.


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