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El Paraíso, Tag 2


Hier ist Name Programm und wir wachen paradiesisch auf. Eigentlich wollten wir weiter nach Lima, aber alle fühlen sich so wohl, dass wir noch eine kleine Auszeit an "unserer" Lagune machen wollen. Wir haben gerade unser ganzes Campingequipment ausgebreitet und wollen in das Nachmittagsprogramm starten, als zwei Männer im Pick-Up bei uns halten.

Sie seien mit einem Reisebus und einer 50-Mann-Touristen-Truppe aus Lima im Sand stecken geblieben und bräuchten unsere Hilfe. Frauen und kleine Kinder, bei großer Hitze in der Wüste, sie würden es alleine einfach nicht schaffen. Das kommt für uns jetzt wirklich total ungelegen, haben wir doch gerade unseren halben Hausstand auf der Straße, aber da wir selber immer so dankbar für Hilfe in der Vergangenheit waren, ist es für uns klar, dass wir mitkommen. Die beiden warten, während wir schnell-schnell alles so gut es geht verstauen und den Rest einfach in das aufgebaute Spielezelt packen und den Reisverschluss zuziehen. Die Kinder murren etwas, weil ihre Pläne jetzt auf den Kopf gestellt werden, aber wir erzählen ihnen etwas von Geben-und-Nehmen, Karma und wie erschrocken wir selber vor zwei Tagen im Sumpf waren.

Wir folgen dem Pick-Up und sind erstaunt, dass wir nicht wie gedacht in Sichtweite am Strand bei den anderen Bussen erwartet werden, sondern über die Sandberge an einen einsamen Beach gebracht werden. Kurz denken wir an unser Zelt, dass jetzt ganz alleine an der Lagune steht, aber die Leute warten und wir sind sicherlich gleich zurück...

...denkste! Als wir am Ort des Geschehens eintreffen, wartet schon die ganze Reisegruppe sehnsüchtig bei gleißender Hitze auf Hilfe. Wie Papa sofort feststellt, sitzt der Bus mit der ganzen Achse fest und verteilt erstmal alle Sandschaufeln, die wir so dabei haben. Wie sich aber herausstellt, denken die ca. 20 Männer wohl, sie hätten für die Reise bezahlt und seien nicht zuständig für die Evakuierung. Also buddelt sich unser Papa bis zur Achse vor und verschwindet vollständig unter dem Bus. Einziger Helfer ist Anian, der auch immer wieder versucht die anderen zu motivieren.

Als endlich alles für den ersten Versuch bereit ist, sitzen die Touristen in ihren Liegestühlen und zücken die Handys. Leider stellt sich heraus, dass der Busfahrer nicht der Talentierteste ist und dieser Versuch zum Scheitern verurteilt ist. Unsere Jungs buddeln weiter und so langsam dämmert es auch den anderen Männern, dass es schneller ginge, wenn sie mithelfen würden. Auf Papas Kommando wird angeschoben und wir schaffen den Bus vom Sand auf den kleinen Schotterweg. Der Jubel ist groß, bis klar wird, dass der Bus auch noch um eine Kurve muss...

Der Busfahrer weigert sich auf Papas Vorschlag einzugehen und so passiert, was kommen musste: Der Bus versinkt mit der Vorderachse im Sand. Jetzt kippt die Stimmung und die Gruppe beschimpft den Busfahrer. Kein Mensch spricht nur einen Hauch Englisch und so versucht Papa mit ganzem Körpereinsatz den nächsten Plan zu verkaufen. Anian schafft es in der Zwischenzeit, fast alle Männer zu mobilisieren und so kann kraftvoll der nächste Versuch unternommen werden. Der Busfahrer würgt ein paarmal den Motor ab und die Leute flehen Papa an, den Bus zu steuern.

Leider klappt es auch diesmal nicht und man kann es den Gesichtern ansehen, dass über eine Nacht in der Wüste nachgedacht wird. Papa buddelt und schaufelt nochmal was das Zeug hält und nach aller Zauberei aus der Trickkiste gelingt es endlich, endlich nach langer Zeit den Bus auf den Weg zu ziehen!

Die Damen fallen Papa um den Hals, die Männer jubeln, Deutschland wir hochgelobt, Selfies werden gemacht und wir werden von oben bis unten abgeküsst. Als endlich alle Erinnerungsfotos im Kasten sind, verabschieden wir uns herzlich von der Gruppe, die uns während dieses halben Tages schon ans Herz gewachsen ist und fahren gefüllt mit Glückshormonen zurück zu unserem Platz. Auf der Fahrt machen wir noch Scherze über unser Zelt...

...bis uns der Mund offen stehen bleibt: Kein Zelt mehr weit und breit! Ein Schock durchfährt unsere Glieder, wir können es nicht fassen, aber bis auf einen Hering ist ALLES WEG!! Die Kinder fangen sofort an schrecklich und bitterlich zu weinen, die Eltern müssen erstmal Inventur machen, weil vorhin alles so schnell ging...

Jetzt ist es real: Tisch, Stühle, Zelt, Schaufeln, Werkzeug, Staubsauger - alles weg! Anians Motorradhelm, Handschuhe, Trikot - alles weg! Ein 30 kg Seesack mit Klamotten - alles weg! Für die Räuber war das Zelt ein großzügig gefülltes Weihnachtspaket - selbst Schuld, so etwas in Peru am Straßenrand stehen zu lassen. Aber wie es immer so ist: jemand braucht Hilfe, man will die anderen nicht lange warten lassen, wir dachten, wir bleiben in Sichtweite und sind in einer halben Stunde wieder zurück... Ein schreckliches Gefühl! Und so nah liegen Freud´ und Leid beisammen...

Nachdem der erste Schock verdaut ist, steht für uns klar, dass wir hier nicht mehr schlafen können. Zu groß ist die Angst, dass die Gangster wieder zurück kommen und auch noch den Rest haben wollen. Mit weinenden Kindern (Mein Lieblingskleid! Meine Sommersachen! Mein Pulli!) fahren wir Richtung Lima uns schlafen beschützt von Security an einer Tankstelle.

Wir fühlen uns fürchterlich, beraubt, betrogen, hilflos, leer... aber ein Gutes hat der Diebstahl: Jetzt meckert Papa wenigstens nicht mehr, dass wir zu viele Sachen dabei haben...


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